Purinstoffwechsel – Besonderheit beim Dalmatiner

Der Dalmatiner besitzt als fast einzige Hunderasse eine Stoffwechseleigenart, die als typisches Rassemerkmal angesehen werden muss. Dalmatiner können nur eingeschränkt die anfallende Harnsäure weiter abbauen und ausscheiden. Deshalb ist beim Dalmatiner der Harnsäurespiegel etwa doppelt so hoch wie bei anderen Hunderassen. Harnsäure entsteht beim Abbau von Purinen (dies sind Bestandteile von Zellkernen). Eine optimale Ernährung für den Dalmatiner sollte deshalb aus purinreduzierten Nahrungsbestandteilen zusammen gesetzt sein.

Purine ( Adenin, Guanin, Hypoxanthin und Xanthin ) sind für den Körper essentielle (lebensnotwendige) Stoffe, die entweder über die Nahrung zugeführt werden müssen oder im Körper synthetisiert werden können. Nahrungspurine werden dem Organismus in Form von Nukleoproteinen zugeführt, dort von Enzymen der Bauchspeicheldrüse und der Darmschleimhaut umgebaut, damit sie dann aus dem Darm resorbiert werden können. Die Purine aus der Nahrung sind vorwiegend in den Zellkernen pflanzlicher und tierischer Zellen als Nukleoproteinen enthalten, werden durch die entsprechenden Enzymen zu Nukleosiden ( Guanosin & Inosin ) umgebaut, um dann über die Darmschleimhaut aufgenommen zu werden.

Bei Primaten, wie Mensch und Affe, ist das Endprodukt des Purinstoffwechsels die Harnsäure. Bei den meisten anderen Spezies funktioniert der Abbau der Purine noch weiter. Bei Hunden und Katzen zum Beispiel endet der Purinstoffwechsel bei der Ausscheidung von Allantoin. Durch die Oxidation der Harnsäure mittels Uricase entsteht das wesentlich lösbarere Allantoin. Harnsäure ( acidum uricum ) ist eine in Wasser nur schwer lösbare Säure, die sich in hohen Konzentrationen in schuppiger Form auskristallisiert. Saure Urate ( Salze der Harnsäure ) sind besonders schwer wasserlöslich.

Dalmatiner sind, was die Ausscheidung betrifft, fast einzigartig in der Hundewelt. Sie scheiden sowohl Harnsäure als auch Allantoin als Endprodukte des Purinstoffwechsels aus. Dalmatiner scheiden erheblich mehr Harnsäure und viel weniger Allantoin als andere Hunderassen aus.
Normalwerte der Harnsäureausscheidungen liegen zwischen 10 – 60 mg innerhalb von 24 Stunden. Dalmatiner hingegen scheiden durchschnittlich etwa 400 – 600 mg in 24 Stunden aus. Dieser Durchschnittswert kann allerdings von 200 – 1000 mg in 24 Stunden schwanken. Ab etwa 500 mg Harnsäureausscheidung pro 24 Stunden steigt das Risiko einer Steinbildung enorm. Ebenso wie im Harn, ist auch der Gehalt an Harnsäure im Blutplasma beim Dalmatiner um das 2 – 4 fache höher als bei allen anderen Hunderassen. Die Konzentration im Blutserum der Dalmatiner schwankt zwischen 0,3 – 4,0 mg / dl.

Mittlerweile kennt man diese Problematik allerdings schon von weiteren Rassen, wie z.B. dem Schwarzen Terrier. Zum Glück sind diese Rassen bisher lediglich heterozygot für dieses Gen, und es bleibt zu hoffen, dass das Wissen darüber, die Züchter dieser Rassen verantwortungsvoll handeln lassen. Heute gibt es für die Feststellung dieses Gens einen Test.

Dalmatiner sind grundsätzlich homozygot (hu/hu) für dieses Gen – es sei denn, es handelt sich um Dalmatiner aus dem LUA Backcross Projekt oder um Mischlinge.

Die sehr hohe Harnsäureproduktion und die sehr geringe Allantoinproduktion werden beim Dalmatiner durch zwei Stoffwechselprobleme verursacht. Das erste Problem entsteht durch einen Defekt im Harnsäure Transportsystem der Leber. Es führt zu einer verminderten Oxidation von Harnsäure zu Allantoin durch das Enzym Uricase, da die Harnsäure nicht in die Leber gelangt. Das zweite Problem betrifft die Nieren des Dalmatiners. Im Gegensatz zu allen anderen Hunderassen hat der Dalmatiner eine stark reduzierte Harnsäure – Reabsorption in den Nierentubulis. Normalerweise werden fast 98 % der im Primärharn vorhandene Harnsäure in den proximalen Nierentubulis reabsorbiert, gelangen von dort in die Leber , um dort zu Allantoin umgewandelt zu werden. Da der Dalmatiner nur sehr beschränkt Harnsäure reabsorbieren kann, führt das folglich zu einer erhöhten Ausscheidung über die Nieren.
Da Harnsäure schlechter wasserlöslich als Allantoin ist, können höhere Konzentrationen sowohl im Blut als auch im Harn zu Kristallbildung führen. Beim Menschen kommt es ab einem Serumgehalt von etwa 6,5 mg/dl zur Kristallisierung der Harnsäure im Gewebe. Diese hohen Serum – Konzentrationen kommen beim Dalmatiner zum Glück selten vor, da sie sehr hohe Mengen mit dem Harn ausscheiden.

© Karin Bednorz 2012