Wie kommt der Dalmatiner zu den Flecken 


oder: Die Genetik der Fell- und Farbvererbung beim Dalmatiner
© Dr. Vera Engelbertz

Der Dalmatiner ist wohl eine der auffälligsten Hunderassen auf Grund des weißen Fells und der auffälligen, im Idealfall gleichmäßig verteilten und klar abgegrenzten Tupfen. Der Grund hierfür ist natürlich, dass der Mensch Selektion betrieben hat, also über eine lange Zeit entsprechende Hunde zur Zucht eingesetzt hat, bis der Genpool der Rasse so modifiziert war, dass der Phänotyp, also das Aussehen der Hunde, dem heutigen „Standard“ zuverlässig entsprach. Die klar abgegrenzten Tupfen des Dalmatiners sind ein Merkmal für seine Reinrassigkeit, denn keine andere Rasse weist eine dem Dalmatiner ähnliche Fleckung auf. Die mit dem Dalmatiner verwandten Pointer z.B. weisen häufig ebenfalls Flecken auf weißem Fell auf, allerdings sind diese meist viel kleiner und deutlich schlechter abgegrenzt und weniger farbintensiv.

Dieser Artikel soll die Fell- und Farbbesonderheiten des Dalmatiners und deren Vererbung beleuchten. Das Thema ist durch die neuen Möglichkeiten der Gensequenzierung und der Microarrays hoch aktuell und es erscheinen immer wieder neue Fachartikel zu dem Thema. Manche der bisherigen Farbvererbungstheorien  werden durch die neuen diagnostischen Möglichkeiten bewiesen und man kann die entsprechenden Gene „sichtbar“ machen, manchmal passen die Farbvererbungstheorien jedoch mit den aktuellen Ergebnissen auch nicht zusammen.

Das Standardwerk der Farbvererbung beim Hund stammt von Clarence C. Little aus den 50er Jahren, „Little“ wird deshalb auch immer wieder zitiert (1). Er und sein Kollege Winge schrieben in den 50er Jahren über die Vererbung von Fellfarbe und Muster. Sie nahmen eine Vielzahl von Genen an und benannten diese entsprechend, die Ihrer Hypothese nach die Vererbung steuerten. Sie benannten die Gene/Genorte mit Buchstaben und gaben zwei oder mehr Allele für verschiedene Ausprägungen an, die dann als weitere Buchstaben oft hochgestellt hinzugefügt wurden. Sie begründeten dies mit entsprechenden Zuchtexperimenten (3).

Die heutige molekulargenetische Forschung konnte viele der Hypothesen Little’s beweisen und bestimmten Genen/-orten zuweisen, andere wurden widerlegt.

Warum ist die Grundfarbe des Dalmatiners weiß und warum haben manche Dalmatiner „Platten“?

Dalmatinerwelpen sind – abgesehen von ggf. auftretenden „Platten“, d.h. bereits bei der Geburt voll durchpigmentierten Stellen, meistens im Bereich des Ohrs und Auges – bei der Geburt völlig weiß. Die typischen Flecken entstehen erst in den ersten Wochen nach der Geburt.

KimiTage Kimidraußen Don Juan1

Man muss zudem festhalten, dass die Grundfarbe des Dalmatiners eigentlich gar nicht wirklich „weiß“ im Sinne des völligen Fehlens von Farbpigmenten ist. Der Dalmatiner ist kein Albino. Nase und Schleimhäute und Augensaum sind normalerweise pigmentiert und nicht – wie beim Albino – rosafarben.

Um zu verstehen, warum die Grundfarbe des Dalmatiners weiß ist, muss man sich zuallererst ein bisschen mit den Grundlagen der Pigmentierung in der Entwicklung befassen. Beim Embryo entstehen die Melanozyten („Pigmentierungszellen“) in der Neuralleiste (eine gefaltete Zellschicht so ungefähr da, wo später das Rückenmark und Gehirn sein wird, aus der sich verschiedene spätere Gewebe entwickeln). Von der Neuralleiste aus wandern diese Zellen nach außen und später auch zur Seite, wo sie sich vermehren und eine Pigmentierung bzw. Färbung herbeiführen (2,4,5). Wie diese später genau aussieht, hängt vom Einfluss verschiedener Gene beim jeweiligen Individuum ab. Wie das bei einem Mausembryo aussieht, kann man sich hier ansehen:

http://homepage.usask.ca/~schmutz/pathway.html.

Little postulierte nun in den 50er Jahren ein rezessives Gen (s), welches eine weiße Fleckung bei Hunden in verschiedenen Mustern durch eine bestimmte Verteilung eben der Melanozyten bedingt. Nach Little ist das normale Gen (S) zuständig für eine vollständige Pigmentierung des Fells. Allerdings können auch in diesem Fall weiße Flecken an Stellen übrig bleiben, die die Melanozyten in ihrem Entwicklungsweg sozusagen nicht mehr erreicht haben, nämlich Stellen, die „ganz außen“ liegen, also Pfoten, Brust, Kinn, Bauch, dort wo weiße Abzeichen eben am häufigsten auftreten. Man könnte sagen, dass diese kleineren weißen Flecken eben dadurch entstanden sind, dass die Melanozyten es bis zur Geburt nicht mehr geschafft haben, das Fell/die Haut  vollständig zu pigmentieren (2,4,5,).

Für verschiedene Verteilungsmuster durch fehlende Pigmentierung (weiße Flecken) postulierte Little verschiedene Allele von (s). Für den Dalmatiner, aber auch den weißen Boxer nahm er das Allel s(w) (extremes Weiß) an. Dieses Allel soll in der homozygoten Form, die alle Dalmatiner und auch die weißen Boxer tragen, die weitgehende bis vollständige Weißfärbung des Fells durch eine Reduktion der Zahl der Melanozyten und Störung der Migration (Wanderung) der Melanozyten von der Neuralleiste in die Peripherie bewirken. D.h. beim Dalmatiner sind weniger Melanozyten vorhanden, und diese werden dann auch noch daran gehindert, weiter zu wandern, so dass eine Pigmentierung nicht stattfindet und der Dalmatiner bei der Geburt weiß ist (6).

Funktioniert dies nicht vollständig, dann entstehen Platten. Dann konnten sich eben doch Melanozyten in einem bestimmten Bereich des Körpers ansammeln und vermehren und den jeweiligen Bereich pigmentieren. Deshalb sind die Platten auch schon bei der Geburt vorhanden, im Gegensatz zu den Flecken des Dalmatiners, die wiederum durch andere Gene gesteuert werden (s.u.). Weil besonders viele Ausgangspunkte der Melanozyten im Bereich des späteren Kopfes liegen, ist die Wahrscheinlichkeit einer Kopf-Ohr-Platte auch deutlich höher, als die einer Platte am Rest des Körpers.

Augenplatte keine Ohrenplatte

Hier sieht man eine Augenplatte beim Welpen und dann beim erwachsenen Hund (derselbe Hund: die süße Cleopatra von der Wuzze). Hier kann man gut erkennen, dass sowohl die Platte, als auch die Flecken im Verlauf des Wachstums überproportional groß werden. Der Hund hat KEINE Ohrenplatte. Man sieht deutlich beim Welpen und noch angedeutet beim erwachsenen Hund noch restliche weiße Flecken am linken Ohr. Hier sind die schwarzen Flecken nach und nach ineinandergeflossen.

Kopf Ohrenplatte SF Brandy

Hier sieht man eine Kopf-Ohrenplatte (die Platte beinhaltet das Ohr und einen Teil des Kopfes).

Und hier etwas ganz Besonderes: eine sehr seltene Körperplatte

Antares Körperplatte Welpe klein Plainfields Antares Körperplatte klein
Plainfield’s Antares mit einer Schulterplatte (Fotos: S. Wabnitz, vielen Dank!)  

Zusammenfassend ist also nach Little das Weiß des Dalmatiners die Maximierung von weißen „Flecken“ oder Abzeichen, wie sie auch bei anderen Hunden vorkommen. Das Weiß des Dalmatiners kann also auch als riesiger weißer Fleck bezeichnet werden, somit ist der Dalmi in mindestens doppelter Hinsicht ein „Fleckenhund“.

2007 wurde das Gen, das auch für das Weiß des Dalmatiners bzw. bei anderen Hunderassen für zumindest einen Teil der weißen Flecken zuständig ist, durch die neuen Techniken identifiziert. Es ist das Gen MITF (microphthalmia associated transcription factor). MITF ist auch eins der bedeutendsten Gene in der Entwicklung der Pigmentierung. Man hat herausgefunden, dass zwei Mutationen in der Promotorregion des Gens (MITF-M) zu einer Weißfärbung von Boxern, Bullterriern und auch von Dalmatinern führen (4,5). Die eine Mutation wird SINE (short interspersed nucleotide element) genannt, die andere ist ein Strang wiederholt auftretender Allele, der je nach Art der Weißfleckung des Hundes unterschiedlich lang ist (LP = Length Polymorphism). Es konnte nachgewiesen werden, dass die SINE-Mutation bei weißen Boxern und Dalmatinern dieselbe und homozygot ist, beim Dalmatiner führt jedoch eine andere LP-Mutation zu der rein weißen Farbe (4/5).

Warum hat der Dalmatiner Flecken?

Um es direkt vorweg zu sagen: Wie genau der Dalmatiner zu seinen Flecken auf dem weißen Fell kommt, ist noch nicht genau geklärt.
Sicher ist, dass die Flecken des Dalmatiners, die beim Welpen erst nach und nach zum Vorschein kommen  unabhängig von den bereits bei der Geburt ggf. vorhandenen Platten sind (s.o.).

Little postulierte ein Gen (t) für „Ticking“ als Ursache der Flecken des Dalmatiners. Das dominante (T) bewirkt „Ticking“ (viele kleine Tupfen auf andersfarbiger Grundfarbe, z.B. beim Deutsch Kurzhaar, das rezessive (t), das Fehlen desselben (2).

Für dieses Gen konnte bisher aber der entsprechende Beweis noch nicht erbracht werden. Zudem ist das „Ticking“ des Deutsch-Kurzhaar oder auch des Pointers mit den klar abgegrenzten Flecken des Dalmatiners nur bedingt vereinbar. Die Forscher Sponenburg und Rothschild denken deshalb, dass ein zusätzliches Gen für „Flecking“ Einfluss nimmt, und zu der klaren Abgrenzbarkeit der Punkte des Dalmatiners auf weißem Grund führt. Möglicherweise gibt es aber auch verschiedene Einfluss nehmende Faktoren/Gene („modifiers“), die mehr oder weniger Farbe und größere oder kleinere Flecken beeinflussen. (2,3,4,5). Hier ist noch einiges an Forschung notwendig.

Quiri und AmyRückenklein Quiri und Amy1klein

 

Hier sieht man, wie auch beim Dalmatiner die angenommenen modifizierenden Faktoren die Größe und Verteilung der Flecken beeinflussen. Bei Quiri (schwarz gefleckt) und Amy zeigt sich eine recht unterschiedliche Größe der Flecken, die bei Quiri auch z.T. zusammenlaufen und sie relativ dunkel erscheinen lassen.  Auch Quiri hat keine Ohrenplatte, auch wenn die Ohren beim erwachsenen Hund dunkel erscheinen und nur bei genauerem Hinsehen feine weiße Abzeichen zeigen. Amy hat, wenn gleich braun, viel kleinere, klar abgegrenzte Flecken. Bei Quiri, finde ich, kann man sich durch die angedeutete dunkle Rückenlinie fast vorstellen, wie die Melanozyten im Bereich der Neuralleiste hängen geblieben sind und dort dann durch die „Fleckengene“ mehr Flecken entstanden sind, als am Rest des Körpers.

(1)   Little, Clarence C. first published 1957: The Inheritance of Coat Color in Dogs. Howell 1971, 194 pages.(2)  The Dalmatian Dilemma – White Coat Colour and Deafness by Dr. Bruce M. Cattanach, MRC Mammalian Genetics Unit, Harwell, Oxfordshire, UK; Jour. Small Anim. Pract. 40; 193-200, 1999
(3)  Genes affecting coat colour and pattern in domestic dogs: a review; S.M. Schmutz, T.G. Berryere, Anim. Genet.  2007 Dec;38(6):539-49
(4)  Karlsson, Elinor K., Izabella Baranowska, Claire M Wade, Nicolette H C Salmon Hillbertz, Michael C Zody, Nathan Anderson, Tara M Biagi, Nick  Patterson, Gerli Rosengren Pielberg, Edward J Kulbokas III, Kenine E Comstock, Evan T Keller, Jill P Mesirov, Henrik von Euler, Olle Kampe, Ake Hedhammar, Eric S Lander, Goran Andersson, Leif Andersson & Kerstin Lindblad-Toh. Efficient mapping of mendelian traits in dogs through genome-wide association. Nature Genetics online October, 2007
(5)  http://homepage.usask.ca/~schmutz/dogspots.html

 

Teil 2 – Warum sind die Flecken der Dalmatiner mal braun, mal schwarz und mal lemon oder orange? 

Um die verschiedenen Farben des Dalmatiners erklären zu können, muss man erst einmal verstehen, wie „Fellfarbe“ überhaupt entsteht.

Ursprung der „Farbe“ sind wieder die Melanozyten (s.o.). Melanozyten sitzen u.a.  in der Haut und den Haarbälgen und produzieren Melanin. Melanin gibt es in zwei verschiedenen Ausprägungen: das Eumelanin und das Phäomelanin. Das Eumelanin bewirkt eine schwarze oder dunkelbraune Farbe, das Phäomelanin eine rötliche oder gelbe Farbe. Die Melanozyten in den Haarfollikeln geben Melanin in das wachsende Haar ab und färben es so. In welcher Konzentration und zu welchem Zeitpunkt und welches Melanin im Verlauf des Wachstums an das Haar abgegeben wird, wird durch entsprechende Gene gesteuert. So kommen die verschiedenen Farben und weitere Besonderheiten, wie z.B. eine Scheckung zu Stande.

Die Gene, die auf die Färbung der Haare einwirken, gehen (bis auf eines) wiederum auf Little und seine Forschungen zurück. Für den Dalmatiner wichtig sind hier – außer den in Teil 1 bereits behandelten –  insbesondere die Gene/Genloci A (Agouti), B (Black, manchmal auch Brown genannt), E (Extension), K (dominant black). Der letztgenannte Genort K (von blacK) geht nicht auf Little zurück, der das dominante schwarz auch dem Agouti-Gen zugeordnet hatte. Neuere Zuchtexperimente und die Gensequenzierungen haben jedoch gezeigt, dass dominantes Schwarz beim Hund auf ein anderes Gen als das Agouti-Gen zurückzuführen ist (3).

In den letzten Jahren hat es große Fortschritte bzgl. der Identifizierung der für die Ausbildung von Fellfarben verantwortlichen Gene und Ihrer Allele gegeben (s. Tabelle weiter unten und Text). Bis heute wurden 7 Gene und viele, wenn auch nicht alle,  Allele identifiziert. Man könnte sich vielleicht fragen, warum das eigentlich alles so wichtig ist, wenn man mit den Little’schen Hypothesen bis dahin doch auch zurechtgekommen ist. Aber die Genidentifizierung geht in Ihrer Bedeutung über die reine Beschreibung („dieses Gen X mit Allel y ist für die Farbe Z zuständig“) hinaus.

Auf der einen Seite kann der Züchter durch eine Bestimmung der Farbgene (mittels Blutprobe oder Wangenabstrich in einem Speziallabor) seines Hundes und des Deckpartners eine relativ zuverlässige Vorhersage über die Fellfarben der Nachkommen geben. Dadurch können sowohl „unerwünschte“ Farben (beim Dalmatiner v.a. das Lemon) als auch – deutlich wichtiger- die bei manchen Rassen mit bestimmten Farbkombinationen gekoppelten Krankheiten vermieden werden. Ein Beispiel für eine solche Erkrankung ist das „Color dilution alopecia“-Syndrom, das bei manchen „blauen“ Hunden, z.B. Pinschern und Doggen vorkommt. Bei betroffenen Hunden, deren Schwarz durch ein Gen zu einer bläulichen Farbe verdünnt wurde (Genort D für dilution) kommt es nach und nach zu einem teilweisen Haarausfall und einer chronischen Hautentzündung, die Erkrankung ist nicht heilbar und für die Hunde oft eine Qual.

Für den genetischen Farbcode sowie die Veranlagung für Farb-gekoppelte Erkrankungen stehen zunehmend Gentests zur Verfügung. Zudem deckt die Forschung durch die Lokalisierung der Gene, die für die Fellfarbe verantwortlich sind, auch weitere genetische Zusammenhänge auf. Die „Farb“-Gene sind meist noch für viele weitere verschiedene Körperfunktionen und Ausprägungen zuständig, so dass Zusammenhänge zunehmend klar werden und neue Ansätze zur Erforschung von Erkrankungen oder Rassebesonderheiten inkl. der Abstammung der einzelnen Rassen und Ihrer entwicklungsgeschichtlichen Zusammenhänge entstehen.

Z.B. hat man herausgefunden, dass Mutationen im MITF-Gen, das beim Dalmatiner (s. Teil 1) für die weiße Grundfarbe verantwortlich ist, beim Menschen zwei Erkrankungen auslösen kann: das Waardenburg-Syndrom Typ 2, das mit großflächigen Depigmentierungen (weiße Flecken auf der Haut) und Hörverlust und das Tietze-Syndrom, das mit Taubheit von Geburt an mit sehr hellen Haaren und Haut einhergeht. Inwieweit es mit der Taubheit beim Dalmatiner Zusammenhänge gibt, ist bisher unklar.

Aber zurück zum Dalmatiner.

Dem Standard entsprechende Dalmatiner sind entweder braun oder schwarz gefleckt. Die Melanozyten der Haarfollikel beim Dalmatiner müssen also von einem Gen die Anweisung bekommen schwarzes bzw. braunes Pigment an das wachsende Haar abzugeben. Woher kommt diese Anweisung? Von einem Zusammenspiel der Genorte B und E, abhängig vom von den Eltern geerbten genetischen Code des Tieres.

 

Fangen wir mit dem Gen für Black/Brown (B) an. Das dominante B bewirkt, dass die Melanozyten im Haarfollikel ständig schwarzes Eumelanin, also schwarze Farbe produzieren (1,4). Da das B dominant ist, ist für die Produktion des schwarzen Eumelanin unerheblich, ob der genetische Code des Hundes BB oder Bb lautet, ein einziges B reicht für die Produktion schwarzen Pigmentes beim Dalmatiner aus. Das b (klein geschrieben) führt hingegen zur Produktion kleinerer und hellerer Farbpigmente, so dass beim Fehlen von B, also bei einem genetischen Code bb, eine braune Farbe an das Haar abgegeben wird. Das rezessive b kommt somit nur zum Tragen, wenn es in doppelter Ausführung, also als bb, vorliegt, dann werden die Dalmatinerflecken braun. Der Genort B ist auch für die Färbung von Nasenspiegel und Augensaum beim Hund zuständig. So wie das Fell bei Bb und BB schwarze Flecken zeigt, sind auch Nasenspiegel und Augensaum schwarz, bei bb braun gefärbt.

Little’s Gen B konnte beim Dalmatiner zuverlässig 2005 dem Gen TYRP1 (tyrosinase related protein 1) zugeordnet werden (4). Für b hat man inzwischen bereits drei Allele ( bs, bd, bc ) nachweisen können, jegliche Kombination dieser Allele führt zu braunen Flecken. Ob und welche Besonderheiten diese Allele beim Dalmatiner haben, wurde jedoch noch nicht eingehend untersucht (1,4).

Damit es nicht zu einfach wird, agiert das Gen B aber natürlich nicht alleine. Es besteht immer eine Steuerung durch den E-Genlokus. Dieser funktioniert ein bisschen wie ein Lichtschalter für B: „E“ an, „ee“ aus. Wieder ist es hier so, dass E dominant und e rezessiv ist. Das Gen hierfür war das erste, das mit der Fellfarbe des Hundes in Verbindung gebracht wurde, die Veröffentlichung hierfür erfolgte erstmals 2000. Es ist das melanocortin 1 receptor Gen (Mc1r). Eine Mutation dieses Gens (in Eintracht mit Little „E“ genannt) führt dazu, dass der Melanozyten-stimulierende-Hormonrezeptor des Melanozyten immer „angeschaltet“ ist, so dass der Melanozyt ständig die Anweisung hat, kontinuierlich Eumelanin (also abhängig vom genetischen Code schwarz oder braun s. B-Gen) an das Haar abzugeben. E bedeutet also „ Haare dunkel färben“ und zwar sowohl EE also auch Ee (5).

Demgegenüber hat eine andere Mutation des Gens Mc1r, genannt „e“ bei doppeltem Vorliegen (ee) eine Art Stopfunktion. Hier wird ein Rezeptor, der in der Folge KEIN Eumelanin, also keine dunkle Farbe produzieren kann, eingebaut.

Hier eine Hundemeute mit braun-geflecktem Dalmatiner (rechts), blondem Labrador (Mitte) und zwei schwarz gefleckten Dalmatinern, der eine mit relativ vielen Sprenkeln (sehr kleine Flecken).

Meute

Der genetische Code dieser Hunde: Kimi (ganz links: BbEe (getestet), der Labrador: bbee, der braune Dalmi: bbEE oder bbEe)

Der Code „ee“ hat zur Folge, dass nur das rötlich-gelbe Phäomelanin produziert werden kann. Also werden die Flecken des Dalmatiners gelblich, im Grunde die Farbe, die auch ein blonder Labrador hat (s.o.) (5). Das nennt man beim Dalmatiner „Lemon“.

Lemonwelpe1klein

Hier ein Bild eines Lemonwelpen („gelbe“ Punkte und schwarzer Nasenspiegel).

Fotos: Copyright Kerstin Forneck, vielen Dank!!!

Wie wir weiter oben gesehen haben, ist aber das Gen B für Augensaum und Nasenspiegel zuständig und dies wird durch den Genort E nicht beeinflusst. D.h., ein Dalmatiner, der als genetischen Code ee trägt, hat immer Flecken mit der Farbe „lemon“, allerdings ist weiterhin der Genort B dafür zuständig, ob Nase und Augensaum braun oder schwarz pigmentiert sind. Bbee und BBee-Dalmatiner sind somit Lemon im eigentlichen Sinne, sie haben nämlich schwarze Nasen und Augensäume, während bbee-Dalmatiner braune Nasen haben und „Orange“ genannt werden.

Luna2

Hier Luna, eine „orange“-Hündin (braune Nase und Augensäume) (Copyright: Petra Merz)

Flashy Welpe Flashy 1

 

Und, so wie bei den Weimaranern auch: es gibt auch langhaarige Dalmatiner, die jedoch tatsächlich sehr selten sind. Hier zwei wunderschöne Bilder von Flashy, einem langhaarigen Dalmatiner, der bei einer Tierschützerin in Thailand wohnt.

Die Vererbung der Langhaarigkeit (L) folgt ebenfalls einem rezessiven Muster. Wenn beide Elternteile ein Allel für Langhaarigkeit tragen (und selber kurzhaarig sind), kann es statistisch bei 25% des Wurfes zu langhaarigen Welpen kommen.

Das zweite Bild zeigt Flashy als Welpe. Copyright der Bilder: Elisabeth Feigl, www.elfesworld.com , vielen Dank!!

References:
(1) http://bowlingsite.mcf.com/Genetics/ColorGen.html
(2)   A²-Defensin Mutation Causes Black Coat Color in Domestic Dogs; SopieI. Candille, et al., Science 318,1418 (2007)

(3)   Linkage and Segregation Analysis of Black and Brindle Coat Color in Domestic Dogs; Julie A. Kerns, E. J. Cargill, et al., Genetics 176:1679-1689, July 2007
(4)   The Color of a Dalmatian’s spots: Linkage evidence to support the TYRP I gene; Edward J Cargill, T. R. Famula, et al.; BMC Veterinary Research 2005, 1:1
(5)   http://www.labbies.com/genetics2.htm#A&E